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Kettenrad, Ritzel und die Übersetzung

Mit kaum einer anderen Maßnahme erreicht man eine so einfache und zugleich wirksame Änderung wie mit einer geänderten Übersetzung im Sekundarantrieb. Das gilt sowohl für Mofas als auch für Fahrräder. Aber wie erzielt man die maximale Wirkung?

Sehen wir uns dafür zunächst die Begriffe an:

Eine Übersetzung liegt vor, wenn das antreibende Zahnrad größer ist als das angetriebene, andernfalls handelt es sich um eine Untersetzung. Das Übersetzungsverhältnis ist der Umfang des antreibenden Zahnrads durch den Umfang des angetriebenen. Hat also z.B. das vordere Zahnrad (das Kettenrad) eines Fahrrads 36 Zähne und das hintere Zahnrad (das Ritzel) 12 Zähne, dann liegt ein Übersetzungsverhältnis von 3 vor. Das heißt, das vordere Zahnrad muss sich einmal drehen, damit sich das hintere dreimal dreht. Eine Übersetung von kleiner als 1 bezeichnet man als Untersetzung. Dieser Fall liegt in der Regel bei einem Motorrad, Mokick oder Mofa vor: Dort dreht sich das vordere Zahnrad schneller als das hintere, die Sekundärübersetzung untersetzt also die Drehzahl des Getriebeausgangs.

Ein Ritzel bezeichnete ursprünglich das Antriebsrad in einem untersetzenden Zahnradantrieb. Bei Motorrädern, Mokicks und Mofas bezeichnet das Ritzel daher das vordere Zahnrad der Kettenübersetzung, weil dies antreibt und es sich um eine Untersetzung handelt. Beim Fahrrad ist es aber oft anders herum: Dort ist das vordere Zahnrad das größere, weil es sich um eine Übersetzung zum Hinterrad handelt. Daher bezeichnet man beim Fahrrad die hinteren Zahnräder als die Ritzel, obwohl sie gar nicht die antreibenden Zahnräder sind. Noch schlimmer: Oft sind die hinteren Zahnräder auch noch die größeren, weil viele Fahrräder in den "leichten" Gängen auch untersetzen. Wenn man beim Mountain-Bike die hinteren Zahnräder als Ritzel bezeichnet, dann ist das im ursprünglichen Wortsinn falsch: Denn die hinteren Zahnräder sind weder die antreibenden noch die kleineren. Aber die Wortbedeutung hat sich eben im Laufe der Zeit gewandelt.

Nehmen wir daher die vereinfachende Regel: Beim motorisierten Zweirad ist das Ritzel das vordere (antreibende) Zahnrad der Kettenübersetzung, beim Fahrrad ist das Ritzel das hintere Zahnrad.

Das jeweils andere Zahnrad wird als Kettenrad bezeichnet: Beim Fahrrad das vordere, beim Motorrad das hintere. In der Regel ist das Kettenrad das größere der beiden Zahnräder, das Ritzel ist das kleinere (Ausnahmen sind die Berggänge von Fahrrädern.)



Eine "hohe" Übersetzung wird bei Zweirädern als eine "lange" Übersetzung bezeichnet. Der Begriff kommt daher, dass die am Umfang des Hinterrads zurückgelegte Strecke länger wird, wenn die Übersetzung "größer" wird, also die Übersetzungszahl steigt. Dagegen sind die "kleinen" Gänge die kurz übersetzten.

Änderung der Übersetzung

Hier sieht man sofort, wo man ansetzen muss, wenn man entweder die Endgeschwindigkeit oder die Gelände- bzw. Bergsteigfähigkeit ändern möchte. Wenn das Fahrzeug in der Endgeschwindigkeit schneller fahren soll, muss die Übersetzung länger werden. Dann wird die gleiche Drehzahl des Antriebs (also des Motors oder der Pedale) in eine längere zurückgelegte Strecke umgesetzt. Resultat: Das Fahrzeug hat eine höhere Endgeschwindigkeit - sofern der Antrieb genug Leistung bereitstellt. Denn die längere zurückgelegte Strecke kommt nicht gratis, sondern sie erfordert eine höhere Antriebskraft. Wenn der Motor oder die eigenen Beine diese nicht bereitstellt, dann kann die Endgeschwindigkeit nicht steigen. (Die Leistung der eigenen Beine erhöht man durch Training, die des Motors mit dem Buch Zweitakt-Tuning.)

Unter bestimmten Bedingungen will man daher gar keine höhre Endgeschwindigkeit, sondern eine höhere Kraft (= Drehmoment) am Hinterrad. Das ist zum Beispiel nötig, um mit gegebener Motorleistung schneller beschleunigen zu können, um durch schlammiges Gelände fahren zu können oder um einen Berg erklimmen zu können. Daher sind Geländemotorräder ebenso wie Mountain-Bikes im Normalfall kürzer übersetzt als reine Straßenvarianten.

Wenn man sich nun entschieden hat, ob man die vorhandene Übersetzung verlängern oder verkürzen will, an welcher Stelle sollte man sie dann ändern? Sollte man das Ritzel vergrößern oder das Kettenrad verkleinern, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen? Die Frage ist deshalb wichtig, weil man oft an Grenzen lieferbarer Räder stößt.

Nehmen wir das Beispiel eines Mountain-Bikes, bei dem man die Übersetzung verkürzen will. Es hat vorn ein (kleinstes) Kettenrad mit 22 Zähnen und hinten als größtes Ritzel eines mit 32 Zähnen. Sollte man eher ein 34er Ritzel verwenden oder ein 20er Kettenrad? Oder ist das egal?

Berechnung zur Übersetzung

Hier hilft eine kleine Rechnung. Nehmen wir folgende Variablen:

V = Umfang (Zähnezahl) des vorderen Antriebsrads (hier des Kettenrads)
H = Zähnezahl des hinteren Zahnrads
a = Änderung der Zähnezahl

Die Übersetzung beträgt im Ausgangszustand: V / H
Nach Vergrößerung des hinteren Zahnrads beträgt die Übersetzung: V / (H+a)
Nach Verkleinerung des vorderen Zahnrads beträgt die Übersetzung: (V-a) / H
Da wir eine möglichst kurze Übersetzung für einen möglichst leichten Berggang haben wollen, fragen wir uns, ob der erste oder zweite Zustand zu der kürzeren Übersetzung führt.

Das geht mit folgener Ungleichung: Wir sollten das hintere Rad um die Zahl von a Zähnen ändern, wenn gilt:
V / (H+a) < (V-a) / H
Andernfalls sollten wir besser das vordere Rad verkleinern.

Wir könnnen jetzt die Ungleichung ein wenig vereinfachen und erhalten:
V*H < V*H - Ha + Va + a^2
V*H < VH + a*(V-H+a)
0 < a*(V-H+a)
0 < V-H+a

H < V + a

Das ist ein einfaches Ergebnis: Wir ändern die Größe des hinteren Zahnrads, wenn es kleiner ist als das vordere plus der geplanten Änderung. Falls das noch zu abstrakt klingt, übersetzen wir es in eine Faustregel für den Praktiker:

Die Wirkung einer Übersetzungsänderung ist dann am höchsten, wenn wir das kleinere der beiden Räder ändern. In dem seltenen Fall, dass die beiden Zahnräder fast gleich groß sind, ist es besser, eines der Zahnräder zu verkleinern als das andere zu vergrößern.
Diese Regeln gelten übrigens unabhängig davon, ob die Übersetzung insgesamt länger oder kürzer werden soll. Wir haben es hier für den Fall einer zu verkürzenden Übersetzung ausgerechnet, aber die Aussage bleibt auch bei einer Verlängerung die gleiche: Im Normalfall das keinere der beiden Räder verändern. Bei fast gleicher Größe der beiden Räder, das Rad verändern, das man verkleinern muss, um die gewünschte Übersetzungsänderung zu erreichen.

Gibt es überhaupt die notwendigen Zahnräder?

Der Mountain-Bike-Experte wird bei dem Beispiel eben an einer Stelle gestutzt haben: Gibt es denn überhaupt ein 20er Kettenrad? Bei Shimano ist nämlich die Vierloch-Aufnahme so groß, dass serienmäßig das kleinste Kettenrad 22 Zähne hat. Es gibt aber Tuning-Firmen, die Spezialräder mit 20 Zähnen anbieten, zum Beispiel die "Bergziege" Mountain-Goat.

Ritzelpakete gibt es serienmäßig mit bis zu 34 Zähnen.

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